Ich bin Elvis, der Mühlenkater aus Meißen. Unsere Region heißt der Mühlenkreis, weil es hier in der Gegend ganz
viele Mühlen gibt. Die sind inzwischen alle außer Betrieb und nur noch zu den Mühlentagen geöffnet, jedenfalls alle,
noch funktionsfähig sind; und dann ist immer was los. Meiner Familie gehört die Mühle schon seit vielen Generationen,
und früher hat sie ihren Besitzern auch Arbeit und Brot eingebracht, inzwischen sieht das leider anders aus. Die moderne
Technik hat die Windmühlen überholt und damit überflüssig gemacht. Jetzt kommen die Leute immer gern zu den Mühlentagen,
weil sie sich dann anschauen können, wie das Brot und der Kuchen früher gemacht wurde. Das war viel mühseliger als heute.
Es gibt übrigens viele und ganz verschiedene Typen von Mühlen. Unsere ist eine Wallholländer Mühle, weil sie auf einer
kleinen Erhebung steht, das vermute ich jedenfalls.
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Wir wohnen in einem Haus gleich neben der Mühle, und Katzen hat es hier natürlich immer schon gegeben. Mäuse auch,
daran hat sich bis heute nicht viel geändert, obwohl ich längst nicht mehr als Mäusefänger tätig bin. Ab und zu
fange ich mir mal eine, aber mehr aus Spaß, nicht weil ich Hunger habe. Ich werde von meiner Familie bestens verpflegt.
Aber zu den Zeiten als die Mühle noch in Betrieb war, da mussten wir Katzen uns meistens komplett selbst versorgen.
Die Katzen früherer Zeiten hatten vor allem die wichtige Aufgabe, das in Säcken gelagerte Mehl vor den gefräßigen kleinen
Nagern zu schützen. Wie gesagt, heute wird die Mühle nur noch als kleines Museum genutzt, denn viele Gerätschaften von damals
sind noch erhalten. In diesem Jahr konnten wir ein ganz besonderes Fest feiern! Wir hatten nämlich ein Jubiläum,
sogar ein Doppeljubiläum, wenn man es gnau nimmt. Außerdem haben sich an diesem Pfingstmontag die Flügel, die seit
Jahrzehnten still gestanden haben, weil die Windrose kaputt war, zum ersten Male wieder gedreht. Die Reparatur war
sehr teuer und aufwändig, daher waren die Flügel bisher nur von einer Richtung aus zu sehen. Jetzt erstrahlen sie
wieder im alten Glanz und können sich mit dem Wind drehen, so wie sie es immer getan haben, als die Mühle noch
genutzt wurde. Übrigens soll schon vor vierhundert Jahren in Meißen die allererste Mühle gestanden haben, aber
auf einem anderen Platz in der Nähe. Unsere hat jetzt auch schon glatte einhundertfünfunddreißig Jahre auf dem
Buckel! Toll was? Im Lauf der langen Jahre ist natürlich allerhand passiert, deshalb wurde zu diesem Anlass eine
Mühlenchronik erstellt, darin kann man ganz vieles davon nachlesen. Wahre "Dönekens", wie man hier in Ostwestfalen
sagt und auch ausgedachte, wie zum Beispiel die Mühlenmärchen. Etliche historische Fotos sind auch in der Chronik
enthalten. Dieses Buch kann man sogar überall im Buchhandel kaufen. Ich muss mich doch mal erkundigen, ob da auch
ein Bild eines meiner Vorgänger drin ist - verdient hätten wir das doch oder? Aber früher hat man ja weniger
fotografiert, und das meistens nur zu ganz speziellen Gelegenheiten, wie zum Beispiel zur Erinnerung an eine Hochzeit.
Ich bin sehr stolz auf meine Familie, die es geschafft hat, auch in schwierigen Zeiten die schöne, alte Mühle zu
erhalten, aber an dem großen Tag habe ich mich zurückgehalten. Der Trubel an den normalen Mühlentagen reicht mir ja
schon, und weil in diesem Jahr noch mehr los war, habe ich mich besser gleich in eine ruhige Ecke verzogen. -
Aber ich habe natürlich allen Gästen ganz viel Freude und vor allem einen guten Appetit gewünscht,
denn es wurden ja auch leckere Sachen zum Essen serviert. Extra gebackenes Mühlenbrot mit Schmalz und
Wurst für den herzhaften Hunger, und für die Süßschnäbel gab es frischen Butterkuchen. Der ist
erfahrungsgemäß immer ganz schnell verputzt! Begonnen hat das Ganze mit einem Festgottesdienst,
in dem für diesen Tag extra aufgestellten Zelt. Dann wurden mehrere Reden geschwungen, und danach
ging die Feierei erst richtig los. Es gab ein tolles Programm zur Gestaltung dieses Tages. Dazu
gehörten auch die Auftritte verschiedener Tanzgruppen, die für ihre Darbietung alte Trachten angezogen
hatten. Die waren schon öfter bei den Mühlentagen dabei und haben immer ganz viel Beifall gekriegt.
Ist ja auch schön anzuschauen, das muss ich zugeben. Außerdem gab es zum Jubiläum nicht nur Mühlenführungen,
sondern auch einige Mitmachaktionen für Kinder. Die Organisatoren hatten viele Spiele und eine spannende
Mühlenrallye vorbereitet. Sogar eine Gespenstersuche soll es gegeben haben, wie ich am Rande mitbekommen habe.
So konnten alle ihren Spaß haben - auch die ganz kleinen Besucher. Ich habe natürlich auf schönes Wetter gehofft,
denn es wäre doch schade um die ganze Mühe gewesen, wenn die Veranstaltung buchstäblich ins Wasser gefallen wäre.
Aber das ist zum Glück nicht passiert, schließlich hatte ich dafür ja auch schon vor Wochen ganz fest alle Pfoten
gedrückt! Das Fest war ein voller Erfolg, aber unter uns - ich war trotzdem froh, als hier wieder Ruhe einkehrt ist,
und ich mich wieder aus meinem Versteck hervorwagen konnte!
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